Pflichtteilsansprüche bei Unternehmensnachfolge
– Planung und Lösung –
Bei allen Gestaltungen der Vermögensnachfolge – sei es unter Lebenden oder von Todes wegen – spielt das Pflichtteilsrecht eine besondere Rolle. Bei der Unternehmensnachfolge gilt dies im Besonderen, da durch Pflichtteilsrechte das Nachfolgekonzept des Inhabers nachhaltig gefährdet wird und die Existenz des Unternehmens sowie Dritter – wie Arbeitnehmer – auf dem Spiel steht. Bei der Planung von Unternehmensnachfolgen muss daher der Kreis potentiell Pflichtteilsberechtigter diskutiert und berücksichtigt werden.
Der Idealfall ist natürlich die Herbeiführung eines Pflichtteilsverzichts durch den Berechtigten, der allerdings ohne testamentarische Verfügung (Enterbung) nichts bringt, da das gesetzliche Erbrecht dadurch nicht berührt wird. Zur Absicherung der Unternehmensnachfolge ist aber in der Regel ein sog. gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht ausreichend, durch den lediglich das Unternehmen wertmäßig beim Pflichtteil nicht berücksichtigt wird.
Alternativ bieten sich zur Reduzierung der Pflichtteilsansprüche lebzeitige Schenkungen an. Erfolgen diese an den Pflichtteilsberechtigten selbst, so ist deren Anrechnung auf den späteren Pflichtteilsanspruch anzuordnen. Dabei ist immer der Wert zum Zeitpunkt der Schenkung anzurechnen, egal wie lange diese Schenkung her ist (§ 2315 BGB).
Bei Schenkungen an andere Personen – ggf. den vorbestimmten Unternehmensnachfolger – hingegen greift die Regelung des § 2325 Abs. 3 BGB, wonach die Schenkungen zur Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs über 10 Jahre hinweg wertmäßig abschmelzen. Für jedes Jahr, das seit der Übertragung verstrichen ist, reduziert sich der Umfang der Pflichtteilsansprüche um 10%. Erfolgte die Übertragung also 10 Jahre vor dem Erbfall, wird der Pflichtteilsberechtigte an dem Wert des verschenkten Unternehmensteils gar nicht mehr beteiligt.
Entscheidend ist hierbei allerdings, dass der Erblasser/Schenker seine Rechtsstellung als Eigentümer tatsächlich aufgegeben hat und sich auch nicht ein Nießbrauchsrecht vorbehalten hat, weil dann die 10-Jahres-Frist nicht in Gang gesetzt würde. Will der Erblasser/Schenker aber mit der Übergabe seines Unternehmens nicht seine eigene Existenz gefährden, so kann er sich beispielsweise Geschäftsanteile zurückbehalten, die mit überproportional hohen Stimm- und Entnahme-/Gewinnbezugsrechten ausgestattet sind. Er könnte dann auf diese Weise weiter über das Unternehmen bestimmen und seine eigene Versorgung absichern, gleichzeitig aber den Unternehmensnachfolger positionieren und Pflichtteilsansprüche effektiv reduzieren.
Natürlich ist auch immer an eine Holdingstruktur mit entsprechend gestalteten Gesellschaftsvertrag zu denken, wonach die Pflichtteilsberechtigten angemessen beteiligt werden, jedoch eine Bündelung der Entscheidungsbefugnisse – zumindest zum Tagesgeschäft – zu Gunsten des beabsichtigten Unternehmensnachfolgers gewährleistet wird.
Unabhängig für welche Lösung man sich entscheidet, ist eine fortwährende Bewertung des Unternehmenswertes und geeignete Dokumentation darüber von entscheidender Rolle. Unternehmensbewertungen sind stets zukunftsbezogen und fußen auf Annahmen und Planungen. Diese Annahmen und Planungen sind sauber zu erfassen. Denn nur damit kann man später den damaligen Wert entgegen zwischenzeitlich tatsächlich eingetretener Entwicklungen rechtfertigen.