Benötige ich ein Testament?

26.05.2023

Das Gesetz hält viele böse Überraschungen bereit, die sich mittels Testament vermeiden lassen.

Lange Zeit war es der tiefsitzende Glaube, das Gesetz führe schon zu einer angemessenen Regelung des Nachlasses. Gepaart mit der Unlust, sich mit dem eigenen Tod zu beschäftigen, verfügten deshalb bisher nur wenige Deutsche über ein Testament. Viele haben aktuell einen hohen Beratungsbedarf und immer wieder wird die Frage gestellt, ob man denn ein Testament tatsächlich benötigt. Diese Frage kann und muss man in den meisten Fällen mit JA beantworten: In nahezu jeder Lebenssituation gibt es aus unterschiedlichen Gründen Bedarf, an eine individuelle Regelung zu denken – nicht nur um die Vermögenswerte zu verteilen, sondern auch um bspw. einen fremden Ergänzungspfleger von den eigenen Kindern fernzuhalten.

Schon bei unverheirateten Paaren besteht ein Regelungsbedarf, möchte man seinen Lebensgefährten im Falle des Todes bedenken. Der überlebende Gefährte würde nach den gesetzlichen Regelungen nämlich nichts erben. Kinderlose Ehepaare sollten daran denken, dass der Ehepartner ohne Testament allenfalls die Hälfte des Vermögens bekommt, der Rest geht an die Verwandten des Verstorbenen (Eltern, Großeltern, Geschwister, Cousins etc.). Bei jungen Familien hingegen gilt es meist, den überlebenden Ehegatten versorgt zu wissen und zugleich in die Lage zu versetzen, ggf. das belastete Haus schnell zu veräußern. Ohne Testament erben die Kinder aber in der Regel die Hälfte des Nachlasses und werden bei der Erbauseinandersetzung durch einen Ergänzungspfleger vertreten, was regelmäßig extrem belastend und zeitraubend ist. Muss man das Eigenheim verkaufen, bedarf es zudem einer Genehmigung des Familiengerichts. All dies und auch die sonstige Vertretung der Kinder lässt sich durch ein Testament und andere Anordnungen vermeiden bzw. regeln. Selbständige sollten mit einem Testament auch die – ggf. berufsrechtlich (Arzt, Apotheker etc.) zulässige – Nachfolge ihres Betriebes im Blick haben, um die reine Abwicklung zu vermeiden und den Angehörigen die bestmögliche Verwertung zu ermöglichen. Tierbesitzer können mit Auflagen und Vermächtnissen eine Einlieferung in ein Tierheim vermeiden und die Sorge um das geliebte Haustier sicherstellen. Und natürlich gilt in jedem Alter, dass man durch Krankheit oder Unfall plötzlich nicht mehr in der Lage ist, ein Testament wirksam zu verfassen (Testierunfähigkeit bspw. bei Demenz).    

Wie anhand dieser Beispiele zu sehen, hält die gesetzliche Erbfolge in jeder Lebenslage böse Überraschungen bereit, die es frühzeitig zu vermeiden gilt. Es ist daher ratsam, den Nachlass so zu regeln, dass es für die Hinterbliebenen möglichst einfach ist, mit der Situation umzugehen, (minderjährige oder behinderte) Kinder und den Ehegatten zu versorgen, Streitigkeiten zu vermeiden und unerwünschte potentielle Erben außen vor zu lassen.

Dabei richtet sich die Empfehlung, ein Testament zu errichten, nicht nur an Familien mit komplexen Strukturen oder an Personen mit großem und verteiltem Vermögen. Auch für Alleinstehende und kleinere Vermögen ist ein Testament ratsam, um hier Klarheit zu schaffen, konkrete Verwandte und Angehörige zu bedenken oder nichtverwandte Personen und gemeinnützige Organisationen als Erben einzusetzen.

Die Hinzuziehung eines externen und objektiven Beraters ist regelmäßig unverzichtbar. Die dadurch entstehenden Kosten sind meist überschaubar und angesichts der zu regelnden Vermögenswerte sowie des dadurch vermiedenen Ärgers für die Hinterbliebenen gering.